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April 2018: "...Jede Handbewegung sitzt..."

Badische Zeitung. SCHOPFHEIM. Ob Theater, Musicals, Konzerte oder Klassenspiele: Was immer aus dem Umfeld der Schopfheimer Waldorfschule über die Bühne des Festsaals geht, bürgt für Qualität und begeistert ein Publikum weit über das Schulumfeld hinaus. Jüngstes Beispiel ist das Musical "Linie 1", das am Wochenende in drei Aufführungen mehrere hundert Zuschauer begeisterte.

Federführend war hierbei der Verein "TakepART", in dem sich engagierte Pädagogen und professionelle Künstler zusammengetan haben, um Musicalprojekte als "Drei-Sparten-Projekte" aus Musik, Tanz, Schauspiel auf die Beine zu stellen. Mit dieser Trägerschaft war die "Linie 1" kein Eigengewächs der Waldorfschule, hatte über die Projektverantwortlichen – Musiklehrer Elias Götte und Waldorfpädagogin Marion Dürr – seine Wurzeln aber im Umfeld der Schule. Und es fiel hier auf fruchtbaren Boden: Obwohl zum Projektstart im vergangenen Herbst schulübergreifend ausgeschrieben, kamen doch alle gut zwei Dutzend Akteure auf und hinter der Bühne aus den Oberstufenklassen der Waldorfschule.

Das ist kein Zufall: Tatsächlich haben der künstlerisch-musische Ausdruck und die Bühnendarstellung im Schulunterricht, in Klassenspielen, in Schulfeiern und Jahresfesten und in zahlreichen artverwandten Einzelprojekten einen immensen Stellenwert. Welches reiches Reservoir an bühnengestählten Jungakteuren da heranwächst, belegte auch die Aufführung des Großstadtmärchens "Linie 1".

Im Mittelpunkt des noch vor der Wende am Berliner Grips-Theater ur- und bis heute immer noch aufgeführten Bühnenstückes steht eine Ausreißerin aus der Provinz, die in Berlin ihren "Märchenprinzen" sucht: Ein Musiker, der sie geschwängert, sie damit aber "voll verarscht" hat, wie es in der Sprache des Stückes heißt. Auf ihrer Suche begegnet sie rund um die U-Bahn-Linie U1 einem Panoptikum unterschiedlichster Individuen, wie sie in einer Großstadt eben zusammengewürfelt sind: Fertige Gestalten, schräge Großstadtindividuen und abgezockte Unterweltfiguren. Durchschnittstypen, gefangen im Familien-Unidyll oder in ihrem im feinen Nerz kultivierten Altnazitums. Schroff und abweisend sind sie, um eine dicke Lippe und einen deftigen Wortschatz im Berliner Schnodderschnauz nicht verlegen, und vom freundlichen Wesen des Kleinstadtmädchens grimmig irritiert. So lange, bis eben diese unbefangen-fragende Art das Eis doch zum Schmelzen bringt und ganz ungewohnte Begegnungen hervorbringt. Die jungen Schauspieler bringen all diese unterschiedlichen Typen – oft im fliegenden Wechsel zwischen mehreren Rollen – selbstbewusst und mit großer Bühnenpräsenz zur Geltung. Sie spielen das coole Mackertum mitsamt Anzüglichkeiten ebenso souverän wie die zerbrechlich-einsamen Seiten.
 
Intensiv geprobt seit November
Text und Szenen sitzen über die kompletten beinahe drei Stunden der Aufführung sattelfest. Neben den Gruppenchoreographien sind die Gesangeinlagen eine besondere Herausforderung, die mal im Chor, oft aber auch als Solo vorgetragen sein wollen: Auch hier jede Menge Selbstbewusstsein und Stimmkraft auf der Bühne, die das Publikum immer wieder zu Zwischenapplaus, und zum Finale zum rauschenden Schlussapplaus anspornen.

Ihre Bühnenreife erlangten die Akteure in intensiven regelmäßigen Vorbereitungen seit November. An einem verlängerten Wochenende vor den Aufführungen dann wurde an die zwölf Stunden täglich geprobt: "Vorher waren wir vielleicht noch etwas unsicher, ob das klappen kann. Das Wochenende hat es dann aber gerissen", bilanziert Vincent Hübschmann, einer der Akteure, im Rückblick. Und eine weitere Mitwirkende, Felicitas Kiefer, bedauert schon jetzt, dass das Ganze vorbei sein soll: "Aber das nächste Projekt kommt ja bestimmt."

 

 

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